Ich übe in 8. Generation den Beruf des Bäckers aus. Der erste meiner Familie erlernte 1799 dieses Handwerk. Unsere Familientradition wurde über die Jahre an verschiedenen Orten fortgesetzt. Angefangen in Thüringen, über die Lutherstadt Eisleben, ist mein Vater dann mit meiner Mutter in Rothenburg an der Saale gelandet. Ich erlernte den Beruf des Konditors und begann 2 Jahre nach der Gesellenprüfung mit der Ausbildung zum Bäcker und schließlich zum Meister. So war ich mit 22 Jahren Bäckermeisterin und eröffnete 1986 die Bäckerei meiner Eltern wieder, die diese altersbedingt 5 Jahre zuvor schließen mussten. Wir haben uns von Anfang an den alten Familienrezepten gewidmet und diese immer erfolgreich umgesetzt. Durch die Wende haben wir unsere Kreativität unter Beweis stellen müssen und auch diese schwierige Zeit gemeistert.
2001 begann die Ausbildung einer jungen Bäckerin, für die eine alternative Lebenseinstellung ein Muss war. Anke Deimig war in ihrer zweijährigen Ausbildung nicht nur interessierter Lehrling, sondern veranlasste uns dazu, uns mit dem Gedanken des ökologischen Backens zu befassen. Es war ein Geben und Nehmen. 2006 war dann alles gereift und die Zertifizierung zum Biobetrieb erfolgreich. Durch die Anfrage der Franckeschen Stiftungen, den Backofen wiederzubeleben und der vollkommenen Planungsfreiheit durch die Stiftungen, habe ich den Holzofen von 1741 wieder in Betrieb genommen und nach überlieferten Schriften das FRANKEBROT kreiert. Am meisten bin ich über die gelungene Umsetzung des Logos der Stiftungen auf dem Brot glücklich.
2015 wurde ich gefragt ob ich am großen Kirchentag 2017 im Mitmachprogramm teilnehmen würde und ich sagte mit Freude zu. Nun stellte sich die Frage, welchen Beitrag ich einbringen würde. Nach reiflicher Überlegung und Auswertung anderer kirchlicher Backaktivitäten (Konfirmanden backen 5000 Brote)habe ich den Vorschlag gemacht, die Lutherrose aus Mürbeteig mit den Kindern zu backen. Dies wurde enthusiastisch von den Organisatoren befürwortet. Zu Hause wollte ich dann sofort einen Ausstecher für die Lutherrose bestellen. Durch Google musste ich erfahren, den gibt es nicht.
Ich war jedoch nicht bereit, meinen Plan zu verwerfen. Mit Hilfe der Handwerkskammer Halle wurde ein Kontakt zur Hochschule Merseburg vermittelt. Hier wurde eine Datei der Lutherrose für den 3D-Druck erstellt. So konnten wir einen einsatzbereiten Ausstecher drucken. Die Suche nach einem geeigneten Filament wurde durch einen kompostierbaren Werkstoff zu meiner vollsten Zufriedenheit zur Vollendung. Ich war überrascht von der Stabilität des Ergebnisses. In einem Gespräch mit meiner Freundin, Pfarrerin in Oberstdorf, wurde ich gebeten, doch mehr produzieren zu lassen, da es sicher einen großen Abnehmerkreis innerhalb der evangelischen Kirche gebe. Ich überlegte, dass der Teig jedoch eine ganz bestimmte Konsistenz und Dicke haben müsse, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Daraufhin habe ich den Ausstecher mit den dazugehörigen Ausrollhilfen, 2 Rezepten und einem Leinensäckchen versehen und als Komplettpaket angeboten, so dass es nun für jedermann kinderleicht ist, wunderschöne Lutherrosen zu backen.
Es war für uns beide eine positive Überraschung, dass meine Idee so gut ankam. Eine Lieferung nach Polen und in die USA wurden realisiert. Für meine Bäckerkollegen liess ich nach meinen Angaben diese Ausstecher in verschiedenen Größen entwickeln. Die Umsetzung zum Brot- und Brötchenstempel war schon schwieriger, wurde nach einigem tüfteln jedoch sehr gut realisiert. Auf einer Bäckermesse waren diese Stempel dann zu meiner großen Freude sehr gefragt. So werden in ganz Deutschland von verschiedenen Bäckereien, Eigenkreationen im Rezept, aber in Form der Lutherrose gebacken. Dieses Projekt zeigt, dass durch den Einsatz modernster Computertechnik individuelle Ausstechformen und Stempel kostengünstig, filigran, schnell und nachhaltig produzierbar sind und ich auch weitere kreative Ideen schnell und preiswert nicht nur in meiner Bäckerei umsetzten kann.